Vergaberecht für IngenieureDas Vergaberecht regelt die Vergabe öffentlicher Aufträge und stellt sicher, dass sie fair, transparent und wettbewerbsgerecht erfolgen. Für Ingenieure ist es von besonderer Bedeutung, da öffentliche Bauaufträge und Planungsleistungen häufig ausgeschrieben werden. Dabei spielen das GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen), die VgV (Vergabeverordnung), die UVgO (Unterschwellenvergabeordnung) und die VOB/A (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil A) eine zentrale Rolle.
1. Grundlagen des Vergaberechts für IngenieureDas Vergaberecht unterscheidet zwischen EU-weit geregelten Vergaben (oberhalb der EU-Schwellenwerte) und national geregelten Vergaben (unterhalb der EU-Schwellenwerte). 1.1. Ziele des Vergaberechts- Sicherung des Wettbewerbs zwischen Ingenieurbüros und anderen Anbietern.
- Transparenz im Vergabeverfahren durch öffentliche Bekanntmachung und Dokumentation.
- Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung aller Bieter.
- Wirtschaftlichkeit durch Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots, nicht nur des billigsten.
1.2. EU-Schwellenwerte- Alle zwei Jahre durch die Europäische Kommission angepasst.
- Relevante Schwellenwerte für Ingenieurleistungen (Stand 2024, beispielhaft):
- Dienstleistungsaufträge (z. B. Planungsleistungen): ca. 215.000 €.
- Bauaufträge: ca. 5.382.000 €.
Ab diesen Beträgen gelten EU-weite Ausschreibungspflichten, darunter eine Bekanntmachung im Amtsblatt der EU (TED – Tenders Electronic Daily).
2. Vergabeverfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte2.1. Rechtsgrundlagen- Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), Teil 4 – Enthält die Grundsätze des Vergaberechts.
- Vergabeverordnung (VgV) – Regelt die Vergabe von freiberuflichen Leistungen, einschließlich Ingenieur- und Planungsleistungen.
- Sektorenverordnung (SektVO) – Gilt für Vergaben im Bereich Wasser-, Energie-, Verkehrs- und Postdienste.
- Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) – Regelt Vergaben von Konzessionen.
2.2. Verfahrensarten- Offenes Verfahren – Alle interessierten Bieter können ein Angebot abgeben.
- Nichtoffenes Verfahren – Nur ausgewählte Bieter werden zur Angebotsabgabe aufgefordert.
- Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb – Auftraggeber verhandelt nach einer Vorauswahl mit mehreren Bietern.
- Wettbewerblicher Dialog – Für komplexe Projekte, bei denen der Auftraggeber die beste Lösung erst mit den Bietern entwickeln möchte.
2.3. Besondere Regelungen für Ingenieurleistungen- VgV §§ 73 ff. enthält spezielle Vorschriften für freiberufliche Dienstleistungen, insbesondere für Architekten- und Ingenieurleistungen.
- Eignungskriterien wie Erfahrung, technische Kapazitäten und Referenzen müssen vorab festgelegt werden.
- Zuschlagskriterien umfassen Qualität, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit, wobei der Preis nicht das alleinige Kriterium sein darf.
3. Vergabeverfahren unterhalb der EU-SchwellenwerteHier gelten vereinfachte Regeln, da das EU-Recht nicht direkt anwendbar ist. 3.1. Rechtsgrundlagen- Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) – Regelt die Vergabe von Dienstleistungen, u. a. für Ingenieure.
- Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil A (VOB/A) – Enthält Regelungen zur Vergabe von Bauleistungen.
3.2. Verfahrensarten- Öffentliche Ausschreibung – Grundsatz für die Vergabe von Dienstleistungen.
- Beschränkte Ausschreibung mit oder ohne Teilnahmewettbewerb – Auftraggeber wählt geeignete Unternehmen aus.
- Freihändige Vergabe / Verhandlungsvergabe – Nur in Ausnahmefällen zulässig, z. B. bei Innovationsprojekten oder dringenden Notlagen.
3.3. Vergabe von Ingenieurleistungen- Freiberufliche Leistungen können direkt vergeben werden, wenn Transparenz und Wirtschaftlichkeit gewahrt bleiben.
- Eine öffentliche Bekanntmachung ist nicht zwingend erforderlich, jedoch sind mehrere Angebote einzuholen.
- Nach § 50 UVgO sind Ingenieure von vielen formellen Anforderungen befreit (kein Zwang zur förmlichen Ausschreibung).
4. Eignungs- und Zuschlagskriterien für Ingenieure4.1. EignungskriterienUm an einer Ausschreibung teilnehmen zu können, müssen Ingenieure bestimmte Eignungskriterien erfüllen: - Fachliche Qualifikation (Berufszulassung, Ingenieurtitel).
- Erfahrung und Referenzprojekte aus ähnlichen Bereichen.
- Technische Leistungsfähigkeit (Softwaresysteme, technische Ausstattung).
- Wirtschaftliche Stabilität (Jahresumsatz, Versicherungsschutz).
4.2. ZuschlagskriterienDas wirtschaftlichste Angebot wird nicht ausschließlich nach dem Preis, sondern nach mehreren Kriterien bewertet: - Qualität und Innovationsgrad der Planung.
- Effizienz der Projektorganisation.
- Nachhaltigkeitsaspekte (z. B. COâ‚‚-Reduktion).
- Referenzen und Erfahrung des Ingenieurbüros.
- Gesamtpreis und Wirtschaftlichkeit.
5. Besondere Anforderungen für Ingenieure bei öffentlichen Ausschreibungen- Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI): Nach dem EuGH-Urteil von 2019 sind die Mindest- und Höchstsätze nicht mehr verbindlich. Trotzdem kann die HOAI als Orientierung dienen.
- Dokumentationspflichten: Detaillierte Nachweise zur Erfahrung, Methodik und Qualitätssicherung sind erforderlich.
- Rechtsmittel bei Vergabeverstößen: Bei EU-weiten Vergaben kann die Vergabekammer angerufen werden.
6. Wichtige Urteile im Vergaberecht für IngenieureBGH, Urteil vom 04.04.2017 – X ZB 3/17 (Vertragsänderungen im Vergaberecht)- Ergebnis: Wesentliche Änderungen eines Vergabevertrags nach Zuschlagserteilung sind nur begrenzt zulässig.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.10.2018 – Verg 26/18 (Eignungskriterien für Ingenieure)- Ergebnis: Der Auftraggeber muss seine Anforderungen an Erfahrung und Referenzen objektiv festlegen und darf keine willkürlichen Ausschlüsse vornehmen.
EuGH, Urteil vom 04.07.2019 – C-377/17 (HOAI-Mindestsätze nicht bindend)- Ergebnis: Mindesthonorare nach HOAI sind mit EU-Recht nicht vereinbar, Honorare können frei vereinbart werden.
7. Leistungen unserer Kanzlei im Vergaberecht für Ingenieure7.1. Beratung und Vertragsgestaltung- Unterstützung bei Vergabeverfahren und Erstellung von Bieterunterlagen.
- Prüfung von Vergabebedingungen und Vertragsentwürfen.
7.2. Rechtliche Vertretung- Rechtsmittelverfahren vor Vergabekammern und Gerichten.
- Durchsetzung von Nachprüfungsverfahren bei Vergaberechtsverstößen.
7.3. Schulung und Compliance- Beratung zur Vergaberechtskonformität.
- Schulungen zu Verfahrensstrategien für Ingenieure.
Vergaberecht für IngenieureDas Vergaberecht für Ingenieure ist komplex, da es sich aus nationalen und europäischen Vorschriften zusammensetzt. Die Einhaltung formaler Kriterien und eine sorgfältige Angebotsgestaltung sind essenziell, um erfolgreich an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen. |